Was sind Förderkreise?

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Warum gibt es Förderkreise (FK)?

Die sieben deutschen Förderkreise setzen sich für weltweite Solidarität und soziale Gerechtigkeit ein. Sie leisten entwicklungspolitische Bildungsarbeit und bieten die Möglichkeit, sich ehrenamtlich zu engagieren.

Indien: Chefinnen auf Wachstumskurs

Indien: Chefinnen auf Wachstumskurs

4. März 2024 - von Daniela Martin

In Indien gelten sie immer noch als ungewöhnlich: Frauen, die kleine Unternehmen gründen, Mitarbeiter*innen einstellen, das Geschäft führen und weiterentwickeln. Der Oikocredit-Partner Kinara Capital Private Limited fördert gezielt Frauen als Chefinnen mit dem Programm HerVikas. Zwei Unternehmerinnen aus diesem Programm konnten Teilnehmer*innen der Oikocredit-Studienreise im Dezember 2023 in der südindischen Metropole Bengaluru (ehemals Bangalore) treffen.

Nach kurzer Fahrt durch die engen, quirligen Straßen des Stadtteils Rajajinagar in Bengaluru parkt das Auto mit unserer Besuchsgruppe in einer ruhigen Seitenstraße. Im ersten Stock eines Wohnhauses begrüßt uns Manjula T (in Südindien nutzen viele Menschen nur den Vornamen oder den Anfangsbuchstaben des Nachnamens). Sie ist 47 Jahre alt, zierlich, warmherzig und ausgesprochen zielstrebig. Wir betreten den Eingangsbereich von Chandan Creation, Manjulas Schneiderei, die seit drei Jahren Herrenhemden für den lokalen Markt produziert. In dem lichten, großen Raum arbeiten Angestellte konzentriert an den Nähmaschinen, am Zuschnitt-Tisch und nebenan im Bügelraum.

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Beschäftigungsmöglichkeit für Frauen

Bevor sie Chandan Creation gründete, hatte Manjula selbst zehn Jahre lang als Schneiderin in einem größeren Betrieb gearbeitet, berichtet sie. Ihr gefiel die unpersönliche Atmosphäre dort nicht, mit einem Chef, der selbst nie vor Ort war. Das handhabt sie bei Chandan Creation anders: Sie versucht dem Arbeitsplatz eine persönliche Note zu geben und wenn die Arbeitsbelastung hoch ist oder das Personal knapp, setzt sie sich auch selbst an die Nähmaschine. 13 ihrer 15 Angestellten sind weiblich und das ist kein Zufall: „Ich möchte Frauen eine Beschäftigungsmöglichkeit geben“, betont sie mehrfach.
Erwerbsarbeit von Frauen ist in Indien nicht selbstverständlich – nur etwa ein Drittel der indischen Frauen haben einen Job, mit dem sie außerhalb der Familie ein eigenes Einkommen erwirtschaften. Vor allem auf dem Land halten sich traditionelle Vorstellungen zur Rolle von Frauen. Das spiegelt sich auch im Global Gender Gap Report des Weltwirtschaftsforums wider. Seit 2006 analysiert der wissenschaftliche Bericht jährlich die Lücke in der Gleichstellung der Geschlechter in den vier Bereichen Wirtschaft, Bildung, Gesundheit und Politik. Trotz gesetzlicher Verbesserungen in den vergangenen Jahren rangiert Indien im Bericht 2023 mit 146 untersuchten Ländern auf Platz 127.

Ein Kredit für die Erweiterung

Schneiderin Manjula wird demnächst zehn weitere Frauen einstellen. Sie plant zu expandieren und ist bereits auf der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten. Als sich vor zwei Monaten eine Vertreterin des Oikocredit-Partners Kinara Capital Private Limited bei ihr vorstellte, beschloss sie, im Rahmen des HerVikas-Programms einen Kredit zu beantragen. „Ihre Vision stimmt genau mit HerVikas überein“, erläutert Riji K, Senior Vice President, zuständig für Kundenbetreuung und Geschäftsprozesse von Kinara, die unsere Besuchsgruppe begleitet. Für die Erweiterung erhält Manjula einen Kredit in Höhe von etwa 4.500 Euro zu den vergünstigten Konditionen im HerVikas-Programm. Ob sie, wenn dieser Schritt geschafft ist, bereits weitere Pläne habe? „Oh ja“, sagt sie, „danach schaffe ich eine Knopfmaschine an. Bisher gebe ich die Hemden für das Anbringen von Knöpfen und das Herstellen der Knopflöchern an eine andere Firma. Das muss ich dann nicht mehr tun, das verbessert mein Geschäft.“
Auch Rukmini R hat zwei Kredite aus dem HerVikas-Programm eingesetzt, um ihren Betrieb zu erweitern und Maschinen zu kaufen. Die Gründerin und Chefin betreibt ihr kleines Unternehmen RR Enterprises im Erdgeschoss eines Wohnhauses, wenige Kilometer von Manjula T entfernt, und empfängt die Besuchsgruppe sehr herzlich. RR Enterprise produziert Pappteller sowohl aus neuem Karton als auch aus Ausschussmaterial wie Verpackungen mit Fehldrucken, das Rukmini günstig von anderen Unternehmen einkauft.

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Unternehmerisches Wissen bringt die Mittvierzigerin durch ihren College-Abschluss mit einem Bachelor of Commerce mit. Als ihre beiden Kinder jünger waren, arbeitete sie zunächst von zuhause als Schneiderin, später eröffnete sie einen Laden mit sechs Angestellten, suchte aber neue Herausforderungen. Als sie RR Enterprises im Jahr 2019 gründete, arbeitete sie zunächst alleine. Während des Corona-Lockdowns musste sie deshalb nicht schließen und profitierte sogar vom Virus. „Die Nachfrage stieg, alle wollten Einwegteller haben“, erinnert sie sich. Heute zählt RR Enterprises 14 Angestellte, darunter drei Frauen. Um ihre Einnahmequelle zu diversifizieren, verkauft Rukmini die eigens für ihre Firma entwickelten Tellerpressmaschinen und schult die Käufer im Marketing. Im nächsten Schritt plant sie, auch das Rohmaterial an die neuen Tellerproduzenten zu verkaufen.

Das HerVikas-Programm fördert Frauen

Frauen wie Manjula T und Rukmini R zu fördern, ist eines der Ziele des Oikocredit-Partners Kinara Capital Private Limited, ein Finanzinstitut für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), gegründet und geführt von einer Frau, Hardika Shah. Zielgruppe von Kinara sind kleine Fertigungsbetriebe, Einzelhändler*innen oder Gewerbetreibende, die keine Immobiliensicherheiten haben und daher bei kommerziellen Banken in der Regel keinen Kredit bekommen.
„Weniger als 10 Prozent der KMUs in Indien sind im Besitz von Frauen oder werden von Frauen geführt“, erläutert Shah, als unsere Besuchsgruppe sie am Firmensitz in Bengaluru besucht. Deshalb hat Kinara das HerVikas-Programm aufgelegt, das Unternehmerinnen Kredite zu etwas günstigeren Zinssätzen gewährt. Jede Frau, die einen Antrag stellt, wird automatisch in das Programm aufgenommen; derzeit machen die Kredite an Frauen 13 Prozent des Kinara-Portfolios aus. „Frauen in Indien haben weniger Zugang zu Kapital“, begründet Shah ihr Engagement. „Und wir möchten Frauen als Unternehmerinnen fördern. Es gibt einfach noch nicht genug.“

Quelle/ Tipp zum Weiterlesen: Wo die wilden Einhörner grasen - brand eins online