Die 26-jährige Maira Lopez arbeitet für Norandino, eine landwirtschaftliche Kooperative (Kaffee, Kakao, Zuckerrohr) im Norden Perus. Im Interview gewährt sie Eindrücke über den täglichen Kampf der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern mit Starkregen, Dürren, Plagen - Folgen der Klimakrise. Sie schildert, welche Lösungsansätze Norandino gefunden hat (Aufforstung, Familiengärten etc.). Es geht auch darum, wie die Finanzierung von und Zusammenarbeit mit Oikocredit Norandino unterstützt.
Interview mit Maira Lopez, Produzentin aus Piura, Peru
Maira Lopezist Wirtschaftswissenschaftlerin aus Santo Domingo, einer Stadt in den Bergen der peruanischen Region Piura. Seit mehr als vier Jahren ist sie für Norandino tätig. Sie hat an der Universität Piura studiert und kam in ihrem letzten Studienjahr 2019 als Praktikantin zu Norandino. Während dieser Zeit suchte die Genossenschaft eine Person mit guten Englischkenntnissen, die im Aufforstungsprojekt mitarbeitet. Sie ergriff die Gelegenheit und startete nach ihrem Abschluss zunächst als Aufforstungskoordinatorin bei Norandino. Im Jahr 2021 übernahm sie eine Stelle in der Finanzabteilung.
Maira, Sie repräsentieren eine Generation, die von der Klimakrise stark betroffen ist und sein wird. Was gibt Ihnen persönlich die Kraft, die Klimakrise zu bekämpfen?
In Peru sehen und spüren wir Produzentinnen und Produzenten jeden Tag direkt, wie die Klimakrise uns schadet. Wir sind stark betroffen. Die Farmen haben mit mehr Pflanzenkrankheiten und geringeren Ernten zu kämpfen. Das Wetter ist unberechenbar und oft schädlich für die Pflanzen und die Ernte. Darunter leiden nicht nur die kleinbäuerlichen Betriebe und die Familien. Es ist wie eine Kettenreaktion: Die ganze Genossenschaft leidet, die ganze Branche - und im großen Maßstab ist die Ernährung der Welt gefährdet. Das jeden Tag zu sehen, hat mir und vielen Menschen in meiner Region klar gemacht, dass wir aktiv werden müssen, die Klimakrise aktiv zu bekämpfen.
Wie wirkt sich die Klimakrise auf die Mitgliedsbetriebe aus?
Der gesamte landwirtschaftliche Betrieb ist davon betroffen. Das Wetter in der Region Piura, in der sich die Genossenschaft befindet, hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Einerseits haben wir viel längere Regenperioden mit sehr starken Niederschlägen. Andererseits sind wir mit extremeren Dürren konfrontiert. Das verursacht Probleme wie vermehrte und auch neue Pflanzenkrankheiten. Infolgedessen ist die Produktion unserer drei Hauptprodukte Kaffee, Kakao und Zuckerrohr geringer. So fehlen uns Einnahmen, die wir aus dem Verkauf der Produkte erzielt hätten.
2023 hatten wir besonders schwere Probleme mit den sintflutartigen Regenfällen, die das El-Niño-Phänomen verursacht hat. Viele Straßen und Transportwege waren unterbrochen. Die Böden in den Bergen waren vom Regen regelrecht weggespült. Einen großen Teil der Ernte konnten die Bäuer*innen nicht zu uns transportieren, da die Bauernhöfe von der Außenwelt abgeschnitten waren. Es gab keine Kommunikation, es war nicht einmal möglich, die Kleinbauernfamilien zu besuchen.
Um diesen Krisen entgegenzuwirken, hat die Genossenschaft Norandino Klimaprojekte ins Leben gerufen. Mit einem Darlehen von Oikocredit finanziert die Genossenschaft u.a. verschiedene Maßnahmen, um sich dem Klimawandel anzupassen. Die Wiederaufforstung ist eins davon. Wie funktioniert dieses Projekt?
Norandino startete das Aufforstungsprojekt im Jahr 2010. Seitdem pflanzen wir Bäume in den oberen Bergen der Region Piura. Diese schützen die Bauernhöfe, die sich in den mittleren oder niedrigeren Bergregionen befinden; sie verhindern das Wegspülen der Böden. Wir arbeiten mit Dörfern und Gemeinschaften im Hochgebirge zusammen, die 3.500 Metern über dem Meeresspiegel liegen. Gemeinsam mit den meist einkommensschwachen Familien pflanzen wir die Bäume und kümmern uns um die Aufzucht und Pflege der Pflanzungen.
Es ist also ein übergreifender Plan für alle Dörfer und Gemeinschaften in der Region Piura?
Ganz genau. Wenn es um die Anpassung an den Klimawandel geht, haben wir ein weiteres wichtiges Projekt: Wir legen Familiengärten in den Gemeinden an. Dabei handelt es sich um Gemüse- und Getreidesorten, die auf biologische Weise auf dem Grundstück einer Familie angebaut werden. Mitarbeitende von Norandino besuchen die Familien und schulen sie. Sie besprechen gemeinsam: Welche Sorten gedeihen gut? Wie baut man sie an? Und welche Gerichte man daraus kochen? Die biologische Lebensmittelproduktion ist gut für das Klima. Und sie erhöht das verfügbare Einkommen der Familien, weil sie ihr Gemüse nicht woanders kaufen müssen.
Seit 2006 sind Norandino und Oikocredit Partner. Wie sieht die Zusammenarbeit aus?
Unter anderem ermöglicht Oikocredit uns aktuell eine kurzfristige Finanzierung der Kaffeeernte. Das heißt: Wir als Kooperative schließen Verträge mit den Kaffeebäuer*innen, in denen wir ihnen Abnahme des Kaffees garantieren. Mit dem Geld von Oikocredit finanzieren wir den Aufkauf des Kaffees, bis die Kund*innen ihre Zahlung leisten. So müssen die Kaffeeproduzent*innen nicht auf das Geld warten.
Was bedeutet die Zusammenarbeit mit Oikocredit für Norandino?
Die Zusammenarbeit mit Oikocredit ist für uns sehr wichtig, denn sie ermöglicht es uns, die Ernte bei den Produzent*innen abzuholen und gleich zu bezahlen. Das verschafft ihnen einen sicheren Markt mit fairen Preisen. Außerdem ermöglicht uns die Finanzierung, weiterhin gute landwirtschaftliche und klimaresistente Techniken in der Kooperative einzusetzen, so dass die Erzeuger*innen nachhaltig wirtschaften können.
Gibt es noch weitere Projekte, die Sie in der Genossenschaft umsetzen?
Ja, eine Maßnahme, die in eine ähnliche Richtung geht, sind neue Fischfarmen in den oberen Berglagen. Der Name des Fisches ist "Trucha" (Forelle). Er kann nur in kalten Regionen gezüchtet werden, ist also perfekt geeignet für die Regionen. Der Fisch ist nicht nur für den Eigenbedarf der Familien bestimmt, sondern wird auch verkauft. Es handelt sich also um eine weitere Einkommensquelle für die Gemeinden, was gut ist, da aufgrund der Klimaprobleme die Einkommen oft zurückgehen. Schließlich ist da noch das wichtige Projekt der organischen Düngung. Wir schulen die Bäuerinnen und Bauern unserer Kooperative in der Herstellung und Verwendung organischer Düngemittel.
Sie sind ein Beispiel für eine junge Berufstätige, die auf dem Land geblieben ist. Aber generell gibt es das Problem der Landflucht: Junge Leute ziehen in die Städte und den ländlichen Regionen fehlt der Nachwuchs. Haben Sie Ideen zur Lösung dieses Problem?
Es ist wirklich wichtig, dass die jungen Menschen auf dem Land bleiben. Wir bei Norandino versuchen, sie zu gewinnen, indem wir junge Frauen und Männer in allen Bereichen der Genossenschaft mitarbeiten lassen und ihnen Verantwortung übertragen. Unser Präsident ist das beste Beispiel: Er ist erst 35 Jahre alt. Es ist allerdings wirklich schwierig, junge Leute in der Landwirtschaft zu halten, vor allem wegen der schweren körperlichen Arbeit, die damit verbunden ist. Wir arbeiten an Möglichkeiten, diese Arbeit mit Hilfe von Technologie zu erleichtern.
Vielen Dank für das Interview und alles Gute für Ihre weitere Arbeit!
Über Norandino
Die Kooperative Norandino im Norden Perus ist ein Zusammenschluss von 6.650 Kleinbäuer*innen, die Bio-Kakao, Bio-Zuckerrohr und Bio-Kaffee anbauen. Ihre Produkte verkaufen sie unter anderem an Fairhandels-Importeure in Deutschland. Norandino ist seit 2006 Partnerorganisation der Genossenschaft Oikocredit, die mit nachhaltigen Investments wirtschaftlich benachteiligten Menschen und Gemeinschaften im Globalen Süden die Möglichkeit gibt, ihre Lebenssituation zu verbessern. Norandino finanziert mit einem Darlehen von Oikocredit vor allem das Betriebskapital für den Kakao-, Zuckerrohr- und Kaffeeanbau.