Edgar gibt Träumen ein Zuhause
Nach unserem Besuch bei den Kakaobauern machen wir uns auf den Weg zu unserer nächsten Station. Sechs Stunden bis spät in die Nacht fahren wir die Anden hinauf, über 3.000 Höhenmeter und mehrere Bergpässe.
Am Morgen besuchen wir in der Stadt Loja die Mikrofinanzorganisation Fundación Faces. Das Management-Team empfängt uns sehr freundlich. Der Schwerpunkt von Faces liegt auf Finanzangeboten in ländlichen Gebieten im armen Süden Ecuadors, insbesondere für Kleinbauern und Frauen. Im Zentrum steht für Faces immer die ganze Familie und nicht nur der Kreditnehmer. Und für Menschen mit Behinderungen und deren Angehörige gibt es einen besonderen, verbilligten, Kredit.
Wir sind beeindruckt von dem ausgefeilten Risikomanagement und den Methoden, mit denen Faces sicherstellt, dass wirklich die gewünschte Zielgruppe erreicht wird. So ist beispielsweise die Armutsanalyse mit dem Progress out of Poverty Index fester Bestandteil der Prüfung der Kunden vor Vergabe eines Kredites.
Wir besuchen Edgar Marizuca und seine Frau Paulina. Edgar erzählt über seine Herkunft: „Ich stamme vom Land. Wir sind zehn Geschwister und unsere Eltern waren sehr arm. Ich konnte deshalb beinah nicht die Schule beenden. Nach der Schule kam ich hier her nach Loja, wo ich für vier Jahre bei einem Stuckateur arbeitete. Nach unserer Hochzeit vor neun Jahren nahm ich dann einen Kredit auf, um mich selbständig zu machen“.
Edgars erster Kredit betrug 700 USD, der zweite Kredit 1.500 USD. Da das Geschäft sehr gut lief, konnte er nach wenigen Jahren einen Kredit über 20.000 USD aufnehmen, um ein Grundstück für sein Haus mit Werkstadt und Verkauf zu bauen. Heute verdient die Familie ihr Geld mit Stuckarbeiten, Innenausbau und dem Verkauf von Baustoffen. Der Betrieb hat drei Festangestellte in der Werkstatt und 15 Arbeiter, die beim Innenausbau mitarbeiten. Mit dem derzeitigen Kredit über 45.000 USD stellt die Familie ihr Haus fertig und plant den Aufbau eines weiteren Betriebes in der benachbarten Provinz. Eine der beiden Töchter möchte schon jetzt in die Fußstapfen ihrer Eltern treten. Ihr Berufswunsch: Architektin.
Arm ist die Familie heute definitiv nicht mehr und Edgar könnte auch einen Kredit bei den konventionellen Banken erhalten. Trotzdem blieb er bislang Faces treu: „Wir kennen uns gut, und die Kreditvergabe erfolgt immer schnell und unkompliziert. Das schätze ich sehr“.